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Welt MS Tag 2018: Unheilbar optimistisch

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Heute ist zum zehnten Mal der Welt MS Tag, an dem in besonderem Maße an alle Betroffenen und ihre Angehörigen gedacht wird. Noch immer ist Multiple Sklerose unheilbar. Cannabis als Medizin kann jedoch die Symptome lindern, umso die Lebensqualität der Erkrankten zu verbessern.

Welt MS Tag 2018: Unheilbar optimistisch

Mehr als zweieinhalb Millionen Menschen sind auf der Welt von MS betroffen. Gemäß den Angaben im Versorgungsatlas wurden im Jahr 2015 rund 223.000 gesetzlich Versicherte wegen einer MS-Erkrankung in Deutschland behandelt. Zählt man die privat Versicherten hinzu, so ergäben sich hieraus rund 240.000 MS-Patienten.

Die Multiple Sklerose (MS) zählt zu den Autoimmunkrankheiten und ist eine chronisch-entzündliche, neurologische Erkrankung der Nerven im Gehirn sowie im Rückenmark mit verschiedenen Verlaufsformen. Trotz größter Forschungsanstrengungen sind die genauen Ursachen noch immer nicht geklärt.

Der Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung legte im Jahr 2017 dar, dass jedes Jahr mehr Menschen an Multipler Sklerose erkranken als ursprünglich angenommen. Weiter heißt es, dass 70 Prozent aller Betroffenen Frauen sind, die besonders häufig im Alter von 25 bis 29 Jahren erkranken. Hingegen trifft es Männer in der Regel erst später, nämlich zwischen dem 35. und 39. Lebensjahr.

Aktuelle Behandlungsmöglichkeiten

Für Betroffene ist die Diagnose Multiple Sklerose ein Schock. Jedoch können viele Betroffene mit der Erkrankung ein weitestgehend normales Leben führen. Zwar ist der individuelle Krankheitsverlauf nicht vorhersagbar, inzwischen stehen aber verschiedene Medikamente und Therapien zur Verfügung, die den Verlauf durchaus positiv beeinflussen können.

Akute MS-Schübe werden in erster Linie mit hochdosierten Kortikosteroiden behandelt. Bei der Langzeitbehandlung existieren ebenfalls Arzneimittel, die verhindern, dass neue Läsionen im Zentralnervensystem (ZNS) entstehen, sodass die Anzahl der Schübe verringert werden kann. Hiermit soll auch das Fortschreiten der Behinderungen verlangsamt werden.

First line-Therapie für milde Verlaufsformen

Bei milden Verläufen kommen Betainterferone (Interferon-ß-1a und Interferon-ß-1b) zum Einsatz. Diese werden entweder einmal wöchentlich in den Muskel gespritzt oder aber mehrmals in der Woche unter die Haut. Eine ähnlich gute Erfolgsrate erzielt auch der Wirkstoff Glatirameracetat, der ebenfalls unter die Haut gespritzt wird. Sowohl Betainterferone als auch Glatirameracetat haben allerdings Nebenwirkungen wie grippeähnliche Symptome, Hautirritationen oder Schmerzen an der Einstichstelle.

Darüber hinaus stehen auch verschiedene Basistherapeutika in Tablettenform, wie beispielsweise Dimethylfumarat, Teriflunomid oder Fingolimod zur Verfügung, wobei hierunter Magen-Darm-Krämpfe oder Durchfälle sowie weitere Nebenwirkungen auftreten können.

Second line-Therapie für hochaktive Verlaufsformen

In der MS-Therapie bei einem hochaktiven Verlauf wird häufig der Wirkstoff Natalizumab in Form von Infusionen verabreicht. Diesem Wirkstoff wird jedoch ein hohes Risikopotenzial zugeschrieben, da er – wenn auch nur in seltenen Fällen – eine progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) auslösen kann. Eine Alternative ist der Wirkstoff Fingolimod. Da es sich hierbei jedoch um ein Immunsuppressivum handelt, wird die Infektionsanfälligkeit erhöht.

Therapie beim sekundären progredienten MS-Verlauf

Wenn die anfänglichen MS-Schübe regelmäßig auftreten und in ein kontinuierliches Fortschreiten der Krankheit übergehen, ist die Behandlung schwierig. Als wirksames Medikament wird hier Mitoxantron beschrieben, wobei dieses aufgrund der hohen Risiken nur noch selten zum Einsatz kommt. In einigen Fällen werden dann intravenöse Immunglobuline gegeben.

Neue Medikamente gegen MS-Schübe

In den USA ist der neue Wirkstoff Ocrelizumab bereits erhältlich, der Zellen stören soll, die bei der Entstehung von Entzündungen im ZNS eine wichtige Rolle spielen. In Europa läuft aktuell das Zulassungsverfahren.

Cannabinoide Arzneimittel bei Multiple Sklerose

Zahlreiche MS-Patienten nutzen rund um die Welt Cannabis, um die Symptome zu lindern. Dies können auch viele Studien belegen.

Mehr zu Multiple Sklerose und Medizinalcannabis.

Cannabis als entzündungshemmendes Mittel

Ein Merkmal der MS-Erkrankung ist die Entzündung des Nervengewebes bzw. greifen die körpereigenen Immunzellen das ZNS an, was zu einer Entzündung der Myelinscheiden führt. Die Myelinscheiden umhüllen die Nerven (Neuronen) des Gehirns und des Rückenmarks. Infolge dieser Entzündungen werden die Myelinscheiden im weiteren Krankheitsverlauf irreparabel beschädigt, wodurch verschiedene neurologische Symptome ausgelöst werden.

Hierzu gehören u.a. die folgenden Symptome:

  • Muskelschwäche
  • Spasmen
  • Kontrollverlust über die Bewegungen

Die Cannabinoide aus der Cannabispflanze sind für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt und gut erforscht. So konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass die Agonisten des Cannabinoid Rezeptors 1 (CB1) wie THC einen neuroprotektiven Effekt ausüben. Die Immunantwort wird hierdurch abgeschwächt und die Entzündungen gelindert.

Cannabis als Schmerzmittel

Etwa 50 bis 70 Prozent der MS-Patienten leiden unter Schmerzen, die durch Entzündungen, Muskelkrämpfe oder Spasmen ausgelöst werden. Gerade in Bezug auf die schmerzlindernde Wirkung ist Cannabis als Medizin sehr gut erforscht. Nachweislich besitzt Cannabis die Fähigkeit, MS-bedingte Schmerzen zu bekämpfen.

Eine häufig zitierte Studie fand an der University of Liverpool statt. Hier konnten die Forscher belegen, dass ein Cannabis-Medikament, das mit einem Spray unter die Zunge von MS-Patienten aufgetragen wurde, effektiver wirkte als ein Placebo.

Cannabis als krampflösenden Mittel

Mehr als 80 Prozent der MS-Patienten leiden unter plötzlich auftretenden, unfreiwilligen Muskelkontraktionen, die wiederum Schmerzen sowie das Gefühl der „Verspannung“ verursachen können. In verschiedenen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Häufigkeit der Muskelkrämpfe bei MS-Patienten, die Cannabis als Medizin nutzen, abnahm.

Führend ist hier eine Doppelblind-Crossover-Studie, die an der Berner Klinik durchgeführt wurde. Im Ergebnis heißt es, dass 37 von 50 Probanden durch Cannabis eine Verbesserung in der Beweglichkeit verspürten und eine Reduzierung der Anfälle. Es wird angenommen, dass dieser Effekt darauf zurückzuführen ist, dass sich die Nervenentzündungen minderten, wodurch der gesamte Krankheitsverlauf positiv beeinflusst wurde.

Cannabis als Stimmungsaufheller

Etwa 50 Prozent der MS-Patienten erkranken im Laufe der Erkrankung an einer Depression. Unter anderem kann dies auf die geschädigten Nerven zurückgeführt werden, die zur Stimmungsregulierung beitragen oder aber sie zeigen sich als Nebenwirkung von Medikamenten. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Cannabinoide THC und CBD antidepressiv und stimmungsaufhellend wirken können.

„Unheilbar optimistisch“ – das diesjährige Motto des DMSG zum Welt MS Tag

Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) schrieb im vergangenen Jahr einen Wettbewerb aus, bei dem Vorschläge für das Motto des diesjährigen MS-Tages eingereicht werden konnten. Gewinner des Wettbewerbs sind Antje Gerber und Ludger Unterstell mit ihrem Motto „Unheilbar optimistisch“.

DMSG, Multiple Sklerose

In einer aktuellen Pressemitteilung des DMSG heißt es, dass hiermit alle MS-Erkrankten und deren Angehörige dazu aufgerufen werden, niemals aufzugeben und optimistisch in die Zukunft zu sehen. Weiter wird ausgeführt:

„Mit einer unheilbaren Erkrankung optimistisch in die Zukunft zu sehen und nicht die Hoffnung zu verlieren, sondern die Fortschritte in der MS-Forschung als Licht am Horizont zu betrachten und darauf zu vertrauen, dass eines Tages aus unheilbar ein heilbar wird, darauf zielt ihr Motto „unheilbar optimistisch“ ab.“

Im Rahmen des Welt MS Tag berichtet der Bundesverband über die Fortschritte in der MS-Behandlung und stellt aussichtsreiche Forschungsansätze vor. Informationen hierzu gibt es auf der Webseite des DMSG.

Wir von Leafly möchten uns dem DMSG anschließen und möchten allen Betroffenen
und deren Angehörigen
Mut machen, niemals die Hoffnung zu verlieren.

 

 

Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.

 

Quellen:

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