Update vom 16.10.2019
Die Drogenbeauftragte Daniela Ludwig zeigt sich im Interview mit den Redaktionsnetzwerk Deutschland kompromissbereit beim Thema Cannabispolitik. Gefragt nach ihren Schwerpunkten in der neuen Funktion, erklärt die CSU-Politikerin, dass es im Umgang mit Cannabis „kaum Dialog, aber viel Konfrontation“ gäbe. „Damit möchte ich Schluss machen“, so Ludwig.
„Ich plädiere für ein unvoreingenommenes Herangehen ohne Scheuklappen“
Die Politikerin aus Bayern plant, mit den verschiedenen Akteuren ins Gespräch zu kommen: zum Beispiel mit Menschen vor Ort, die in der Suchtprävention tätig sind.
„Außerdem will ich so schnell wie möglich den Sachverständigenbeirat der Drogenbeauftragten einsetzen, um die Expertise von Praktikern einzuholen und alle Seiten an einen Tisch zu bekommen“, erklärt Daniela Ludwig.
Auf die Frage, ob sie den harten Kurs ihrer Vorgängerin Marlene Mortler fortführen will, oder die Freigabe von Cannabis unterstützt, erklärt Ludwig, dass es „kein Schwarz oder Weiß, kein Entweder-oder“ gäbe. Für sie stehe die Frage im Vordergrund, was am Ende der Gesundheit helfe.
Von anderen Ländern lernen
Daher will sie sich auch ansehen, wie andere Länder mit Cannabiskonsum umgehen – beispielsweise Portugal. Vor allem junge Menschen fühlen sich bei dem Thema von der Politik nicht mehr verstanden und vertreten, so Ludwig.
Bei der zeitlichen Umsetzung sieht die Drogenbeauftragte allerdings ein anderes Problem als dringender: das Tabakwerbeverbot. Hier müsse Deutschland zeitnah handeln. Für die CSU-Politikerin sei der Schutz der Jugend vorrangiges Ziel.
Ursprüngliche Nachricht vom 10.09.2019
Wie verschiedene Medien berichteten, wird Daniela Ludwig (CSU) neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Damit folgt sie auf Marlene Mortler. Nachdem diese im Mai einen Sitz im EU-Parlament erhalten hat, war das Amt mehrere Monate unbesetzt.
Ludwig bisher verkehrspolitische Sprecherin
Ludwig ist seit 2002 Mitglied des Bundestags. Derzeit ist die 44-Jährige, die den Wahlkreis Rosenheim vertritt, verkehrspolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Ludwig ist Juristin, verheiratet und hat zwei Kinder.
Aufgabe der Drogenbeauftragten ist es, die Sucht- und Drogenpolitik der Bundesregierung zu koordinieren und sie gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten. Das Amt wird seit 2014 von der CSU besetzt, davor hatten es Politiker von FDP und SPD inne.
Erst vor Kurzem hat ein Bündnis aus mehreren drogenpolitischen Organisationen, darunter der Schildower Kreis und der Deutsche Hanfverband, den SPD-Politiker Burkhard Blienert als Drogenbeauftragten ins Spiel gebracht. (Leafly.de berichtete.) Blienert war drogenpolitischer Sprecher und Mitglied im Gesundheitsausschuss in der letzten Wahlperiode.
Kein Kurswechsel zu erwarten
Ludwig war bisher nicht für Gesundheitspolitik oder Drogenpolitik zuständig. Offiziell muss sie noch von der Bundesregierung in ihrem neuen Amt bestätigt werden – das gilt aber als Formsache. Ihre Vorgängerin Marlene Mortler stand wegen ihrer rigorosen Haltung beim Thema Cannabispolitik häufig in der Kritik. Mit der Nominierung von Ludwig ist wohl kein großer Kurswechsel zu erwarten. Außerdem ist es fraglich, was sie in der knappen verbleibenden Zeit bis zu den nächsten Bundestagswahlen noch erreichen kann.
Spahn erfreut über die Nominierung
Der neue Chef von Daniela Ludwig, Gesundheitsminister Jens Spahn, hat ihr bereits über Twitter zum neuen Posten gratuliert:
„Ich freue mich, dass @DaniLudwigMdB neue Drogenbeauftragte wird. Für dieses Amt ist es wichtig, mitten im Leben zu stehen. Als langjährige Bundestagsabgeordnete und ehrenamtliche Kreisrätin bringt Daniela Ludwig genau das mit.“
In einem Kommentar zu diesem Tweet merkt jemand an, dass es auch wichtig sei, sich als Drogenbeauftragte mit Drogen auszukennen. Daraufhin hat Daniela Ludwig geantwortet: „Und als Justizministerin mit Mord, oder wie??“ Ob Ludwig auf diese Art und Weise Menschen überzeugen und mitnehmen kann, ist fraglich.
Ursprüngliche Nachricht vom 28.05.2019
Drogenbeauftragte Mortler wechselt nach Brüssel
Die CSU-Politikerin Marlene Mortler, die zurzeit noch das Amt der Drogenbeauftragten bekleidet, wurde am Sonntag überraschend ins Europaparlament gewählt. Wie der Tagesspiegel berichtet, wird sie dieses Mandat wohl auch annehmen. Wer ihr nachfolgt, ist noch nicht entschieden.
Nach Angaben des Bundeswahlleiters gehört Mortler zu den gewählten 96 Europa-Abgeordneten aus Deutschland. Dieser Wechsel ist überraschend, denn die 63-Jährige aus Mittelfranken kandidierte nur auf dem unsicheren Listenplatz sechs. Die CSU konnte jedoch bei den Europawahlen – anders als die Schwesterpartei CDU – Stimmen dazugewinnen. So hat die CSU einen Sitz mehr in Brüssel erhalten – nämlich sechs.
Drogenbeauftragte: Hardlinerin gegen Cannabis
Marlene Mortler ist bekannt als harte Gegnerin der Entkriminalisierung von Cannabis. (Leafly.de berichtete.) Selbst in konservativen Kreisen galt ihre Cannabispolitik als hart und nicht unbedingt zeitgemäß. Die Oppositionsparteien werfen Mortler eine rückwärtsgewandte Drogenpolitik vor.
Die Befürworter der Cannabis-Legalisierung werden immer mehr. Im Deutschen Bundestag setzen sich die Grünen, die Linke und die FDP für eine Entkriminalisierung ein. Auch die SPD unterstützt die Ideen der Oppositionsparteien und inzwischen auch einzelne namenhafte Abgeordnete der CDU. (Leafly.de berichtete.)
Cannabis als Medizin
Die scheidende Drogenbeauftragte betonte immer, dass sie die Freigabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken unterstützt (Leafly.de berichtete.)
„Seit Beginn meiner ersten Amtszeit habe ich mich dafür eingesetzt, dass der Gesetzentwurf Cannabis als Medizin Realität wird. (…) Alles in allem ein großer, wichtiger Schritt! Cannabispräparate können einigen schwerkranken Patienten wirklich helfen, etwa dann, wenn sie unter chronischen Schmerzen leiden und kein anderes Medikament mehr wirkt“, so Mortler.
Das große Interesse an Cannabis auf Rezept beruht nach Meinung von Mortler allerdings nicht nur auf dem medizinischen Nutzen. Dahinter stecken vielmehr einflussreiche Interessengruppen, so die CSU-Politikerin:
„Uns ist vollkommen klar, dass es Druck von Patienten gibt, denen von Lobbyisten eingeredet wird, dass Cannabis immer die beste Medizin ist“, so Marlene Mortler.
Drogenbeauftragte: Alkohol und Tabak
Viele Suchtexperten werfen der scheidenden Drogenbeauftragten des Bundes vor, nicht mit der gleichen Vehemenz gegen den Konsum von Alkohol zu Felde zu ziehen wie gegen den Konsum von Cannabis. Mortler hatte sich zwar dafür ausgesprochen, einen neuen Anlauf beim Verbot von Tabakwerbung zu machen. Dies wurde jedoch von den Grünen als „Lippenbekenntnisse“ kritisiert, denen keine Taten folgen.
Das Kabinett hatte bereits vor Jahren beschlossen, die Werbung für Tabak auf Außenflächen von Juli 2020 an zu verbieten. Das Gesetz wurde aber aus Rücksicht auf Tabakhersteller und Werbeindustrie nie beschlossen. Kürzlich war Marlene Mortler in dem millionenfach angeklickten Video des Influencers Rezo als Beispiel für die „krasse Inkompetenz“ von Politikern vorgeführt worden.
Wer auf Mortler nachfolgt und den Posten der Drogenbeauftragten oder des Drogenbeauftragten einnimmt, ist noch nicht bekannt. Wir werden weiter über das Thema berichten.