Vertreter der WHO haben sich im Juni auf einer Sondersitzung in Genf mit dem Thema Cannabis beschäftig. Kürzlich wurden die Ergebnisse der Sitzung des Expertenausschusses zur Drogenabhängigkeit (ECDD) veröffentlicht. Dies war das erste Mal, dass der Ausschuss den Status von Cannabis und cannabishaltigen Stoffen als Teil der internationalen Drogenkonventionen überprüft hat. Die WHO ist die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (UN).
Worum ging es bei der Sondersitzung?
Der Expertenausschuss hat eine Vorprüfung zu folgenden Stoffen vorgenommen:
- Cannabispflanzen
- Cannabisharz (Haschisch)
- Cannabis-Extrakte und Tinkturen (Öle, Edibles, Flüssigkeiten)
- Delta-9-tetrahydrocannabinol (THC)
- THC-Isomere
Laut dem Generaldirektor der WHO, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, kam der ECDD zu dem Schluss, dass „genug Evidenz vorliegt, um zu einer kritischen Überprüfung von Marihuana, Haschisch und Cannabisextrakten überzugehen.“
Wie geht es weiter?
Die jetzt abgeschlossene Vorprüfung ist der erste Schritt im Bewertungsprozess des ECDD. Der zweite Schritt, die kritische Überprüfung, wird durchgeführt, wenn genügend wissenschaftliche Beweise vorliegen, um eine Empfehlung auszusprechen. Diese umfassendere Überprüfung ist für November angesetzt.
Der ECDD bewertet, ob eine Substanz unter internationale Kontrolle gestellt werden sollte, oder ob ihr Kontrollniveau angepasst werden sollte. Kontrollierte Stoffe fallen unter die verbotsorientierte internationale Drogenkonvention, die Produktion und Handel reguliert. Allerdings haben die einzelnen Staaten einen gewissen Spielraum. So legalisierten einzelne Länder den Einsatz von Cannabis als Medizin, wie Deutschland, während andere ihn verbieten.
CBD als unbedenklich eingestuft
Neben der Vorprüfung hat der Expertenausschuss auch die zweite Prüfung, also die kritische Überprüfung, von Cannabidiol (CBD) abgeschlossen. Dies wird als unbedenklich eingestuft:
„Der Ausschuss empfahl, dass Zubereitungen, die als reines CBD betrachtet werden, nicht unter die internationale Drogenkontrollkonvention fallen sollten,“ so Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Bereits im November 2017 hatte die WHO in einem ersten, vorläufigen Bericht erklärt, dass natürlich vorkommendes CBD sicher und gut verträglich sein – sowohl bei Menschen wie auch bei Tieren. Leafly.de berichtete.
In ihrem aktuellen Bericht weißt das WHO-Team darauf hin, dass CBD nicht-psychoaktiv sei, keine körperliche Abhängigkeit hervorrufe und kein Missbrauchspotenzial aufweise. Untersuchungen hätten vielmehr gezeigt, dass reines CBD eine wirksame Therapie gegen bestimmte Epilepsie-Formen sei, wie das Dravet-Syndrom oder das Lennox-Gastaut-Syndrom.
Eine Überprüfung von Cannabis war überfällig
Die Drogenkommission der Vereinten Nationen (CND) hatte kritisiert, dass es keinen aktuellen Bericht über die Auswirkungen von Cannabis auf die Gesundheit gebe. Daraufhin nahm sich der ECDD der WHO der Sache an.
Die Sachverständigen „bemerkten einen Anstieg von Cannabis und seinen Wirkstoffen für medizinische Zwecke und das Aufkommen von neuen cannabishaltigen Arzneimittel für den therapeutischen Einsatz.“
In der Vergangenheit habe es nicht genug belastbare Evidenz gegeben, um die gesundheitlichen Effekte von Cannabis zu untersuchen. Aber da inzwischen mehr und mehr Staaten Cannabis für medizinische Zwecke oder zum Freizeitkonsum legalisieren, gebe es jetzt ausreichend Informationen. Daher können Cannabis und Cannabis-Wirkstoffe nun offiziell geprüft werden.
Eine wissenschaftliche Bewertung des medizinischen Werts von Cannabis ist nur zu begrüßen. Aber was wird eine Neubewertung am Ende bringen? Die WHO spricht lediglich Empfehlungen aus. Ob diese Empfehlungen auch angenommen und umgesetzt werden, hängt von einer Abstimmung in der Drogenkommission der Vereinten Nationen (CND) ab. Das Ergebnis dieser Abstimmung wird Einfluss auf die Cannabispolitik vieler Länder haben.
Leafly.de wird das Thema beobachten und weiter berichten.
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.