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Wie kann medizinisches Cannabis bei chronischen Kopfschmerzen (Cephalgie) helfen?

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Chronische Kopfschmerzen sind belastend und beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen. Nach Angaben der International Headache Society wird jede Kopfschmerzform als chronisch bezeichnet, wenn sie öfter als 15 Tage in einem Monat sowie mindestens 3 Monate hintereinander auftreten. Aktuelle Studien geben jetzt Hinweise auf eine mögliche positive Wirkung von medizinischem Cannabis gegen chronische Kopfschmerzen.

Wie kann medizinisches Cannabis bei chronischen Kopfschmerzen (Cephalgie) helfen?

Kopfschmerzen (medizinisch: Cephalgie) sind nach Rückenschmerzen die zweithäufigste Schmerzform. Mediziner unterscheiden zwischen über 220 unterschiedlichen Kopfschmerzarten, wobei insgesamt Frauen häufiger betroffen sind als Männer.

Rund 90 Prozent der Betroffenen leiden an einem sogenannten Spannungskopfschmerz. Die zweithäufigste Form ist die Migräne. Alle Kopfschmerzarten besitzen das Potenzial, einen chronifizierten Zustand anzunehmen. Deshalb ist es empfehlenswert, jede Kopfschmerzart untersuchen und behandeln zu lassen. Ansonsten besteht nämlich die Gefahr, dass sich eine Eigendynamik entwickelt. Infolge dessen bildet sich ein Schmerzgedächtnis in bestimmten Gehirnarealen. Dies ist dann der Beginn des chronifizierten Verlaufs. Nur durch verschiedene Therapiemaßnahmen kann der Kreislauf, der aus Anspannung und Schmerz besteht, unterbrochen und das Schmerzgedächtnis deaktiviert werden.

Ursachen von chronischen Kopfschmerzen

Die Ursachen einer Cephalgie sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Bekannt sind jedoch mögliche Auslöser. Bei primären Kopfschmerzen, deren Ursache unbekannt ist (z. B. Cluster Kopfschmerzen) kommen folgende Auslöser in Frage:

  • Rauchen, insbesondere das Rauchen von Tabak
  • Alkohol
  • Stress, Schlafmangel, unregelmäßiger Schlaf
  • Flüssigkeitsmangel
  • Wetterumschwünge, schlecht belüftete Räume, zu wenig frische Luft
  • Hormonschwankungen

Sekundäre Kopfschmerzen lassen sich auf eine Erkrankung oder auch einen äußeren Einfluss zurückführen, wie zum Beispiel:

    • Bluthochdruck
    • Entzündungen (z. B. Meningitis, Enzephalitis oder Arteriitis temporalis)
    • Virusinfektionen (z. B. Erkältung oder Grippe)
    • Kopf- oder Halswirbelsäulenverletzungen
    • Asthma bronchiale, Bronchitis oder COPD
    • Verspannungen der Nackenmuskulatur
    • Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule
    • Nebenwirkungen von Medikamenten (z. B. Östrogene zur Verhütung)

Ebenso wie Erwachsene können auch Kindern unter wiederkehrenden Kopfschmerzen leiden. Meist handelt es sich bei den jungen Patienten um einen ungefährlichen Spannungskopfschmerz oder auch um Migräneattacken. Allerdings können Kinder ihre Symptome meist schlecht einschätzen, weshalb zur Abklärung ein Arzt aufgesucht werden sollte.

Diagnose: Wie erkennt man chronische Kopfschmerzen?

Von einer chronischen Cephalgie wird gesprochen, wenn diese mindestens an 180 Tagen im Jahr auftritt. Zur Sicherstellung der Diagnose sollte jedoch ein Arzt aufgesucht werden. Dieser fragt nach der Krankengeschichte und kann mithilfe eines Fragenkatalogs herausfinden, um welche Kopfschmerzart es sich handelt.

Behandlung und Therapie

Kopfschmerzmittel eignen sich nicht für die Langzeiteinnahme.

Um die Beschwerden lindern, werden häufig einfache Schmerzmedikamente (nichtsteroidalen Antirheumatika) wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Paracetamol eingesetzt. Für eine Langzeitanwendung eignen sich diese „Kopfschmerzmittel“ nicht. So kann eine regelmäßige Einnahme dieser Kopfschmerztabletten die Schmerzintensität fördern.

Ein unkontrollierter jahrelanger Gebrauch schädigt zudem Leber und Nieren. Die Schmerzmittel werden dann zur Ursache der andauernden Beschwerden (analgetikainduzierter Dauerkopfschmerz). Dies gestaltet die Therapie schwierig. Betroffene können nur dann auf eine Besserung hoffen, wenn sie die Schmerzmedikamente mit langsamer Herabsetzung der Dosis konsequent absetzen.

Bei der Clusterkopfschmerz- und Migränetherapie (mit Aura und ohne Aura) kommen häufig Triptane (z. B. Sumatriptan) zum Einsatz. Der Serotonin-Haushalt wird damit reguliert, entzündliche Stoffe blockiert, die Blutgefäße im Gehirn verengt und die Schmerzreize gehemmt. Wenn Patienten Triptane nehmen, können sich unerwünschte Nebenwirkungen zeigen. Hierzu gehören Müdigkeit, Schwindel, gastrointestinale Störungen, Blutdruckanstieg und Herzklopfen.

Antidepressiva zur Prophylaxe

Trizyklische Antidepressiva, insbesondere Amitriptylin, werden oft gegen eine chronifizierte Cephalgie bzw. zur Prophylaxe von Spannungskopfschmerzen eingesetzt. Laut der American Academy of Neurology ist Amitriptylin hier ein wichtigster Wirkstoff. Mittel der zweiten Wahl sind trizyklische Antidepressiva (z. B. Imipramin oder Doxepin). Selektive Serotoninaufnahmehemmer wie Sertralin oder Mirtazapin stellen Medikamente der dritten Wahl dar.

Die psychische Gesundheit von Menschen mit starken Kopfschmerzen leidet immens. Deshalb ist das Risiko hoch, dass Betroffene eine Depression entwickeln. Wiederum haben depressive Menschen ein erhöhtes Risiko, unter Kopfschmerzen zu leiden.

Mögliche alternative Medikamente sind die Antiepileptika Topiramat und Valproat. Darüber hinaus hat sich das Muskelrelaxans Tizanidin als wirksam erwiesen. Jedoch werden diese Medikamente in der Regel nur in schweren Fällen verschrieben, wenn die Medikamente der ersten, zweiten und dritten Wahl nicht wirksam sind.

Was hilft gegen chronische Kopfschmerzen? – Spannungskopfschmerz lösen

Treten Kopfschmerzustände auf, kann ausreichend Bewegung hilfreich sein. Verspannungen im Nacken oder Rücken aufgrund eines Bewegungsmangels sind oft Kopfschmerzursachen. Bei einer akuten Cephalgie sollten Betroffene an der frischen Luft spazieren gehen. Auch Dehnübungen, um Verspannungen und damit den Spannungskopfschmerz zu lösen, können hier dann helfen.

Weitere Tipps:

      • Eine Föhnmassage kann die Entspannung fördern. Hierzu einfach den Föhn auf eine angenehme warme Temperatur stellen und den Luftstrom um die Schultern, den Nacken und den Hinterkopf kreisen lassen.
      • Ein geeignetes Mittel gegen Kopfschmerzen kann Kaffee sein, da Koffein die Durchblutung anregt. Zu empfehlen sind hier starke Kaffeesorten wie Mocca oder Espresso.
      • Ein altes Hausmittel ist, einen kalten Waschlappen auf die Stirn zu legen, da dies einen lindernden Effekt hat.
      • Um die Anzeichen zu vertreiben, sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (min. 2 Liter Wasser täglich) geachtet werden.
      • Die richtige Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Zum einen ist es wichtig, dass regelmäßig gegessen wird, damit der Blutzuckerspiegel stabil bleibt, und zum anderen sind fettige und süße Nahrungsmittel zu vermeiden, da diese die Entstehung der Anzeichen fördern können.
      • Eine sanfte Druckmassage auf den Schmerzpunkten an der Schläfe, an der Stirn oder an dem Druckpunkt zwischen den Augen kann Linderung verschaffen. Auch eine Akupunktur-Behandlung könnte helfen.
      • Schüssler Salze sollen eine sanfte Hilfe bieten. Hier eignen sich die Schüßler Salze Nr. 3, 5, 8, 9, 10 und 11.
      • Eine homöopathische Behandlung ist sicherlich eine mögliche Alternative, die Betroffene ausprobieren können.
      • Pfefferminzöl stellt eine gute Alternative zu Schmerztabletten dar. Das Öl wird einfach an der Schläfe und auf der Stirn aufgetragen, wodurch sich die Muskulatur entkrampft und Kältesensoren aktiviert werden.
      • Auch eine Neuraltherapie (Behandlung über das Nervensystem) und Akupunktur sind Behandlungsalternativen.

Auslöser und Ursachen von Migräneattacken

Die neurologische Erkrankung besitzt ein vielseitiges Krankheitsbild. Typische Symptome sind periodisch wiederkehrende Migräneanfälle mit halbseitigem und pulsierendem Kopfschmerz. Begleitet werden diese von zusätzlichen Symptomen wie Lichtempfindlichkeit, Geräuschempfindlichkeit, Übelkeit und Erbrechen. Bei vielen Betroffenen geht dem Migräneanfall eine sogenannte Aura voraus. Infolge dessen können sensible, optische und motorische Störungen auftreten.

Migräneattacken sind äußerst belastend.

Einer der häufigsten Auslöser ist Stress. Weitere Auslöser können des Weiteren zu wenig oder zu viel Schlaf sein, ein unregelmäßiger Biorhythmus, Hormonschwankungen bei Frauen, Stickstoffmonoxid freisetzende und gefäßerweiternde Arzneimittel sowie diverse Umweltfaktoren (z. B. Wetterumschwung). Oftmals folgt eine Migräneattacke erst in einer Poststressentspannungsphase. Generell können die Triggerfaktoren, die einen Migräneanfall auslösen von Patient zu Patient unterschiedlich sein.

Die Ursachen sind bis heute unbekannt. Es ist nicht eindeutig geklärt, welche Gehirnvorgänge die Migränesymptome bewirken. Jedoch wird angenommen, dass einige Nervennetze im Gehirn bei einem Migräneanfall stark erregt sind und dass der Serotoninstoffwechsel verändert ist, der auf die Blutgefäße wirkt. Infolge dessen sind die Blutgefäßwände des Gehirns gereizt, sodass bestimmte Substanzen in das Gewebe übertreten können. Es kommt dann zu einer neurovaskulären Entzündung und den typischen Migräneanfall. Gleichzeitig erhöht sich auch der Botenstoff Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP) im Blut. Dieser erleichtert die Weiterleitung von Schmerzen.

Kurz vor einer Migräneattacke erhöht sich der Serotoninspiegel drastisch. Nach dem Anfall fällt dieser weit unter den normalen Wert. Eine im International Journal of Clinical Pharmacology Research veröffentlichte Studie befasste sich mit der Serotoninfreisetzung aus mit Plasma inkubierten Blutplättchen, das den Probanden während eines Migräneanfalls entnommen worden war. Die Wissenschaftler zogen das Fazit, dass THC in unterschiedlichen Konzentrationen einen hemmenden Effekt auf die Freisetzung des Serotonins aus den Blutplättchen hatte. Dieser hemmende Effekt konnte bei entnommenem Plasma in migränefreien Zeiten nicht festgestellt werden. Auch ähnliche Studien zeigen, dass das im Cannabis enthaltene TCH die Serotoninfreisetzung während einer Migräneattacke hemmen kann.

Linderung der Migräne-Symptome mithilfe von Medizinalcannabis

Weltweit leiden ungefähr 5 Prozent der Bevölkerung unter chronischer Migräne. Zwar ist der biologische auslösende Mechanismus noch nicht erforscht. Es ist aber bekannt, dass die Serotonin-Signalübermittelung hier eine wesentliche Rolle spielt. Medizinalcannabis, dass Einfluss auf das Serotonin-System hat, kann die Beschwerden nachweislich reduzieren.

Für Migräne-Patienten liegt der hauptsächliche Nutzen von Cannabis darin, dass Schmerzen gelindert werden. Diese können bei einer akuten Migräneattacke sehr stark sein und führen nicht selten zu Bewegungsunfähigkeit. Es wird angenommen, dass körpereigene Cannabinoide die Schmerzwahrnehmung verringern, da über die CB1-Rezeptoren im Gehirn das Eindringen der Schmerzsignale verhindert wird. Belegt wird diese Annahme durch eine Studie der University of California, die im „The Journal of Neuroscience“ veröffentlicht wurde.

Betroffene empfinden einen Schmerz, der durch die Erregung schmerzempfindlicher trigeminovaskulärer Nerven des Kraniums hervorgerufen wird. Cannabinoide können diese Schmerzreaktionen verhindern. Die Kranial-Nerven sowie die CB1-Rezeptoren hemmen die Schmerzsignalübertragung aus dem Stammhirn in andere Areale des Gehirns.

US-amerikanische Studie gibt Hoffnung

Migräne ist ein weitverbreitetes Beschwerdebild, das häufig enorme Einschränkungen im Alltag mit sich bringt. Medzinalcannabis kann dann gegen Migräneanfälle eine therapeutische Alternative sein laut den Wissenschaftlern der University of Colorado. Mithilfe einer Studie wurde nachgewiesen, dass medizinisches Cannabis präventiv zur Verringerung der Migräneattacken angewandt werden kann. Ziel der Studie war es, die Auswirkungen von medizinischem Cannabis auf die monatliche Häufigkeit der Migräneattacken zu analysieren.

Im Rahmen der Studie wurde 121 Erwachsenen medizinisches Cannabis gegen Migräne verordnet, das sie täglich einnehmen sollten. Erfasst wurden die Anzahl der Migräneanfälle sowie die Wirkung des Cannabis über einen Zeitraum von 2010 bis 2014.

Durch den Einsatz von Medizinalcannabis habe sich laut den Wissenschaftlern die Frequenz der monatlichen Migräneanfälle von 10,4 Migräne-Schüben auf 4,6 Schübe verringert. Bei 11,6 Prozent der Probanden stellten die Wissenschaftler fest, dass die inhalative Form von Cannabis auch bei akuten Migräneanfällen half.

Weitere prospektive Studien sollen folgen, um die Ursache-Wirkung-Beziehung besser verstehen zu können und um die Verwendung/Dosierung unterschiedlicher Cannabissorten zur Prophylaxe und Migränebehandlung zu erkunden.

Lesen Sie hier mehr zu Kopfschmerzen und Medizinalcannabis.

 

Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.

 

Quellen:

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