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Cannabis als Medizin: Zahl der genehmigten Anträge steigt

Gesa-2019 Autor:
Gesa Riedewald

Die Nachfrage nach Medizinhanf steigt – das zeigen neue Zahlen, die die Barmer bekannt gab. Im Vergleich zum Sommer ist auch die Quote der genehmigten Cannabis-Anträge gestiegen und liegt jetzt knapp zwei Drittel.

Cannabis als Medizin: Zahl der genehmigten Anträge steigt

Update vom 11.01.2018:

Die drei großen gesetzlichen Krankenkassen AOK, Techniker (TK) und Barmer haben nach eigenen Angaben mehr als 13.000 Anträge auf Kostenerstattung einer Cannabis-Behandlung erhalten. Das ergab eine Anfrage der Rheinischen Post.

Vor der Legalisierung von Medizinalhanf im März 2017 hatten rund 1.000 schwerkranke Menschen eine Ausnahmeerlaubnis zur Einnahme von Cannabis als Medizin. Beim Start des Cannabisgesetzes war noch unklar, wie viele Patienten Cannabis auf Rezept erhalten würden. Denn damals ließ sich nicht abschätzen, in welchem Umfang Ärztinnen und Ärzte es verschreiben würden. Der Gesetzentwurf hielt diesen Punkt daher ausdrücklich offen.

Mehr als 13.000 Anträge bei AOK, TK und Barmer

Laut Umfrage gingen beim AOK-Bundesverband 7.600 Anträge ein, bei der Barmer bis Ende des Jahres rund 3.200 Anträge und bei der TK bis Ende November 2.200 Anträge. Von diesen Anfragen auf Kostenerstattung genehmigten die AOK-Kassen 64 %, die Barmer knapp 62 % und die TK 64 %. Das sind knapp zwei Drittel der Anträge. Kürzlich veröffentlichte Zahlen der Barmer zeigten noch, dass bis Ende November 2.900 Anträge die Kasse erreicht hatten. Der Anteil der angenommenen Anträge lag hier bei 60 %. (Leafly.de berichtete.)

Zahlen bestätigen positive Entwicklung

Somit bestätigt sich weiterhin der positive Trend hin zu einer besseren Versorgung der Patientinnen und Patienten: Im November hatte die GKV einen Versorgungsbericht vorgelegt. Diese Daten zeigten eine Annahmequote von 57 Prozent der Anträge auf Cannabis-Behandlung im Schnitt aller gesetzlichen Krankenkassen.

Die Kassen beteuern, dass die Zahl der angenommenen Anträge nicht bedeutet, dass die restlichen Cannabis-Anträge alle abgelehnt werden. Häufig sind Anträge nicht vollständig – erhält die Kasse die fehlenden Informationen, werden die Anfragen oft im zweiten Anlauf akzeptiert. Es werden aber auch Anträge abgelehnt, weil die Krankenkasse in dem speziellen Fall die Notwendigkeit einer Cannabis-Therapie nicht sieht.

Problem der Lieferengpässe

Die Tatsache, dass immer mehr schwerkranke Menschen in Deutschland mit Cannabis als Medizin versorgt werden, ist erfreulich. Problematisch ist dagegen, dass schon seit Monaten Apotheker und Patienten über Lieferschwierigkeiten bei Medizinalhanf klagen.

Bei der derzeitigen hohen Nachfrage ist es für die Apotheken schwierig, genügend Cannabis vorzuhalten. Gert Fiedler vom Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt erklärte dem mdr, dass es derzeit etwa vier Wochen dauere, um Cannabisblüten in der notwendigen Qualität zu beschaffen.

Wo kommt Cannabis aus der Apotheke her?

Derzeit wird Medizinalhanf aus Kanada und den Niederlanden importiert. Ab 2019 soll in Deutschland angebautes Cannabis geerntet werden. Hierzu läuft eine Ausschreibung der Cannabisagentur des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte).

Für den Zeitraum von 2019 bis 2022 ist eine Produktion von etwa 1,5 Tonnen jährlich vorgesehen. Die Barmer hat jüngst ihre eigenen Daten hochgerecht und ist so auf einen geschätzten Bedarf von 4 Tonnen pro Jahr gekommen. Drohen also in Zukunft weiterhin Versorgungsengpässe? Die Cannabisagentur versicherte, dass bei größerer Nachfrage nach Cannabis auch höhere Mengen geliefert werden könnten. Außerdem ist der Import aus dem Ausland weiterhin möglich.

Werden deutsche Firmen benachteiligt?

In puncto Anbau könnte es in Deutschland zu Verzögerungen kommen: Die Ausschreibung der Cannabisagentur steht in der Kritik, weil sich nur bewerben darf, wer bereits Erfahrung im legalen Anbau von Cannabis hat. Somit werden deutsche Firmen benachteiligt, da hierzulande der legale Anbau nie möglich war.

Im vergangenen Jahr wurde viel über die restriktive Haltung der Krankenkassen in Sachen Cannabis-Therapie berichtet: Im Sommer kursierten Zahlen, nach denen die gesetzlichen Versicherungen deutlich über 50 Prozent der Anträge auf Kostenübernahme ablehnten, bei einzelnen Kassen waren es sogar bis zu zwei Drittel.

Diese wenig zufriedenstellende Situation wurde von Betroffenen wie von Politikern kritisiert. Inzwischen scheint sich der Trend umzukehren. Das legen jedenfalls die neuesten Zahlen der Barmer nahe, die die DuMont Mediengruppe veröffentlicht hat.

Fast 2.900 Anträge bei der Barmer

Nach Angaben der Barmer haben bis Ende November 2.857 Patienten bei der Kasse eine Cannabis-Therapie beantragt. Die meisten Anträge wurden in Nordrhein-Westfalen gestellt (605), es folgt Bayern (567) und danach Berlin (230). Davon bewilligte die Barmer 1.732 Anträge, also 60 Prozent. 40 Prozent (1.125 Anträge) wurden abgelehnt.

Positiver Trend

Die Zahlen können ein Hinweis auf eine positive Entwicklung bei den Krankenkassen sein. Die Grünen wie die Linke hatten im letzten Jahr kritisiert, dass die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) mit ihrer restriktiven Haltung den schwerkranken Patienten Steine in den Weg legen würden. Im Interview mit Leafly.de erklärte Frank Tempel von den Linken, dass wir dahin kommen müssen, dass Anträge grundsätzlich angenommen werden – und Ablehnungen die Ausnahme sind. (Lesen Sie das gesamte Interview hier.)

Im November hatte die GKV ihren Versorgungsbericht für das Bundesgesundheitsministerium vorgelegt. Dieser zeigt: 57 Prozent der Anträge auf Cannabis-Behandlung wurden im Schnitt aller gesetzlichen Kassen genehmigt. Somit bestätigen die jetzt veröffentlichten Zahlen den positiven Trend hin zu einer besseren Versorgung der Patientinnen und Patienten – ein Umschwung sind sie allerdings nicht. Es geht weiterhin in kleinen Schritten voran.

Ablehnungsgründe für Cannabis-Therapie

Was waren die Gründe für abschlägige Bescheide? Wie bereits im letzten Jahr nannte die Barmer hier vor allem den fehlenden Nachweis, dass alternative Behandlungen erfolglos probiert wurden oder gar nicht infrage kamen. Darüber hinaus wurden Fälle abgelehnt, bei denen die Krankenkasse der Meinung war, dass nicht nur ein Hausarzt, sondern auch ein Facharzt zurate gezogen werden müsse.

„Medizinischer Cannabis ist aus der Versorgung schwer kranker Menschen heute nicht mehr wegzudenken. Es ist aber kein Allheilmittel.“

Das lässt Barmer-Chef Christoph Straub laut Frankfurter Rundschau verkünden. Daher bleibe die Entscheidung, ob eine Cannabis-Therapie bei einem Schwerkranken sinnvoll ist, für ihn immer eine individuelle Entscheidung. Nutzen und Risiken müssen für jeden Patienten gegeneinander abgewogen werden.

Drohen weiterhin Lieferengpässe?

Im letzten Jahr haben sich viele Patienten und Apotheken über Lieferengpässe von Cannabisblüten beklagt. Rechnet die Barmer ihre Zahlen hoch, kommt sie laut Frankfurter Rundschau zu einem geschätzten Bedarf von vier Tonnen pro Jahr. Die Cannabisagentur des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat für den Zeitraum zwischen 2019 und 2022 den Anbau von jährlich etwa 1,5 Tonnen Cannabis ausgeschrieben.

Die Cannabisagentur versicherte, dass bei größerer Nachfrage auch höhere Mengen Medizinalhanf geliefert werden könnten. Außerdem ist der Import aus dem Ausland auch in Zukunft möglich.

 

Quellen:

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