Terpene sind sogenannte sekundäre Inhaltsstoffe bzw. chemische Verbindungen, die in Organismen natürlich vorkommen. Die allermeisten Terpene sind pflanzlichen Ursprungs. Aber es gibt auch einige wenige tierischen Ursprungs. Die Inhaltsstoffe können unter anderem als pflanzliche Sekundärstoffe, Vitamine oder Pheromone vorkommen. Die Gruppe ist sehr groß und äußerst vielfältig.
Grundsätzlich sind Terpene für den Duft und den Geschmack von Pflanzen verantwortlich. So definiert die Kombination der verschiedenen Verbindungen die Duftnote und den Geschmack. Das gilt auch für Cannabis-Pflanzen (Hanf-Pflanzen).
Seit dem Altertum werden natürliche Terpene aus vielen Gewächsen gewonnen, um Extrakte oder ätherische Öle herzustellen. Hierzu gehören unter anderem Lemongras, Thymian, Pfefferminze und Eukalyptus. Einige reine Terpene gehören zur Gruppe der Alkohole (z. B. Menthol). Andere sind Aldehyde.
Aufgrund der großen Zahl an vorkommenden Terpenen und ihrer vielfältigen Strukturvarianten gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, diese Stoffe zu klassifizieren. Die Wissenschaft kennt über 8.000 Terpene und über 30.000 der nahen verwandten Terpenoide. Dabei enthalten Terpenoide funktionelle Gruppen, während Terpene einfache Kohlenwasserstoffe sind.
Beide Verbindungen werden wie bei anderen Pflanzen weiter unterteilt in Monoterpene und Monoterpenoide, Sesquiterpene und Sesquiterpenoide sowie viele weitere Verbindungen.
Welche Aufgaben haben sie im Cannabis?
Die Cannabis Terpene werden in den Trichomen der Cannabispflanzen hergestellt. Trichome sind die glänzenden, klebrigen, pilzförmigen Kristalle, die auf den Blättern und Knospen sitzen. Diese Trichome wirken als Abwehrmechanismus in der Natur und übernehmen den Pflanzenschutz. Sie übernehmen also einerseits die Aufgabe, das Gewächs vor Bakterien, Pilzen, Fressfeinden und anderen umweltbedingten Stressfaktoren zu schützen. Andererseits sollen sie bestäubende Insekten anlocken. Daher finden sich die Verbindungen auch in besonders starker Konzentration in den Blüten weiblicher, unbefruchteter Cannabis-Pflanzen.
Die Menge und Zusammensetzung der Aroma-Inhaltsstoffe hängt von der Genetik und den Anbaubedingungen der Cannabis-Pflanzen ab. Obwohl die exakte Zusammensetzung der Verbindungen von Pflanze zu Pflanze einzigartig ist, ähneln sich Exemplare derselben Sorte. Das liegt daran, dass die Kombination der Duftstoffe unter Verwandten derselben Genetik sehr ähnlich ist.
Terpene – aromatische Wirkstoffe
Jede Cannabissorte besitzt also ein einzigartiges Profil von chemischen Verbindungen. Wissenschaftler in der Medizin gehen davon aus, dass unabhängig von den Cannabinoiden auch Terpene medizinische Eigenschaften aufweisen.
Reine Terpene sind Moleküle in der Größe von Nanopartikeln. Sie können problemlos die Blut-Hirn-Schranke überwinden und direkt ins zentrale Nervensystem einwirken.
Die Eigenschaften sind teilweise ganz unterschiedlich. Myrcen kann eine beruhigende Wirkung hervorrufen, während Pinen die Konzentration begünstigt. Einigen natürlichen Terpenen wie Limonen wurden im Tierversuch antimikrobielle und anticancerogene Wirkungen nachgewiesen. Anticancerogene Substanzen können die Entstehung von Krebs verhindern oder zumindest hinauszögern.
Bisher wenig wissenschaftliche Evidenz in der Medizin
Generell ist die Terpenenwirkweise bisher noch nicht sehr umfangreich erforscht. Obwohl bereits einige Studien durchgeführt wurden, ist noch unzureichende wissenschaftliche Evidenz vorhanden, um die therapeutische Terpenenwirkungen zu belegen.
Weitere Studien werden der zukünftigen Cannabisforschung hoffentlich mehr Erkenntnisse über den therapeutischen Nutzen liefern. Diese von der Forschung lange vernachlässigten Bestandteile der Hanfpflanze bieten wichtige therapeutische Eigenschaften. Und das nicht in isolierter Form. Anscheinend interagieren sie mit den Cannabinoiden in unserem Körper.
Verschiedene Terpene und Cannabinoide spielen zusammen
Studien haben aufgezeigt, dass Terpene zum sogenannten “Entourage-Effekt” beitragen. Das bedeutet, dass die Verbindungen die therapeutische Wirkung der Cannabinoide verstärken können. Es besteht also eine interaktive Synergie zwischen den Bestandteilen der Cannabis Blüten.
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Der Neurowissenschaftler Dr. Ethan Russo hat sich eingehend mit der Terpenenwirkung beschäftigt und bei Mäusen zeigen. Darüber hinaus zeigte Russo in einer Studie, dass die Aromastoffe die nachteiligen Auswirkungen von THC mildern und somit die therapeutische Wirksamkeit des Cannabinoids begünstigen. (THC steht für Tetrahydrocannabinol.) Russo geht davon aus, dass das Zusammenwirken von Cannabinoiden und Terpenen die positiven Eigenschaften des Cannabis verstärkt.
Die unterschiedliche Wirkweise der verschiedenen Cannabisblüten beruht also nicht nur auf dem unterschiedlichen Gehalt an Cannabinoiden, sondern auch auf den Unterschieden in der Terpenenzusammensetzung. Wie der Cannabis-Arzt Dr. Franjo Grotenhermen erklärt, besitzt jede Cannabissorte ihr eigenes chemisches Cannabinoid- und Terpenenprofil. Also ihren eigenen “Fingerabdruck”. Und dieser macht die Gesamtwirkung von medizinischem Cannabis aus.
Der Entourage-Effekt, den Cannabisblüten mit ihren unterschiedlichen Wirkstoffen besitzen, zeigt ihr besonderes medizinisches Potenzial. Durch die Kombination der unterschiedlichen Wirkstoffe wird ein optimiertes Ergebnis erzielt. Reines synthetisiertes THC, ohne die Aroma-Stoffe, besitzt diesen Synergie-Effekt nicht.
Die wichtigsten Verbindungen der Cannabispflanzen und ihre Wirkung
Es gibt über 100 verschiedene identifizierte Terpene in der Hanf-Pflanze. Obwohl die Unterschiede subtil sein können, wurden große Fortschritte darin gemacht, die Klassifizierung der Aroma-Stoffe und deren Auswirkungen leichter verständlich zu machen. Generell können die Wirkstoffe in süß, sauer, würzig oder bitter aufgeteilt werden, wobei jede Kategorie weiter in spezifische Gerüche zerfällt.
Hier ein Überblick über die wichtigsten Terpene der Cannabispflanze, und welche therapeutische Wirkung ihnen zugeschrieben wird.
Caryophyllen
Caryophyllen sind in Schwarzem Pfeffer, Oregano, Basilikum, Nelken und Hopfen enthalten. Sie sollen entzündungshemmend, schmerzlindernd und krampflösend wirken. Auch bei Schlaflosigkeit soll die Verbindung helfen.
Humulen
Humulen können entzündungshemmend, antibakteriell und schmerzlindernd wirken. Hauptsächlich sind die Stoffe in Hopfen und Koriander vorhanden.
Limonen
Limonen kommen in Zitrusfrüchten, Wacholder und Minze vor. Hiervon kommt auch der spezielle Geruch und Geschmack. Ihre Eigenschaften sollen angstlösend, antidepressiv, antibakteriell und anticancerogen sein.
Linalool
Linalool ist in Lavendel, Zitrusfrüchten, Lorbeeren, Birke und Rosenholz enthalten. Neben einer angstlösenden, schmerzlindernden und krampflösenden Wirkweise, soll Linalool auch Stress lindern und den Schlaf fördern.
Myrcen
Myrcen ist ebenfalls in Zitrusfrüchten enthalten, aber auch in Thymian, Lorbeerblättern und in der Mangofrucht. Die Wirkweise soll entzündungshemmend, antiseptisch und antibakteriell sein.
Pinen
Pinen finden sich in Salbei und Kiefern und lösen den typischen Geruch aus. Diese Verbindungen sollen in der Lage sein, die Bronchien zu erweitern. Außerdem können sie Entzündungen lindern.
Fazit
Soweit wir heute wissen, ist die potenzielle Terpenenwirkung vielversprechend. Diese organischen, natürlich vorkommenden Verbindungen bieten einen großen therapeutischen Nutzen für Cannabispatienten. Sie werden seit Tausenden Jahren von Kulturen auf der ganzen Welt aufgrund ihrer therapeutischen Eigenschaften verwendet.
Aber der Schlüssel liegt nicht in den chemischen Verbindungen allein, sondern in der Wechselwirkung mit den anderen Wirkstoffen der Cannabispflanzen. Alle Bestandteile gehen eine Synergie ein, durch die beide ihre spezielle Wirkung je nach Kombination der Bestandteile entfalten.
Wissenschaftler nennen das den Entourage-Effekt. Oder, um es mit Aristoteles zu sagen: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
Mit dem Voranschreiten der Cannabisforschung werden auch mehr Informationen über die Vorteile der Hanfpflanzen bekannt werden. Dank Terpenen werden voraussichtlich völlig neue wissenschaftliche und medizinische Bereiche in der Cannabisforschung erschlossen werden.
Laut Dr. Ethan Russo könnten positive Forschungsergebnisse zu neuen Ansätzen für Störungen wie behandlungsresistente Depressionen, Angst, Demenz und einer Vielzahl dermatologischer Erkrankungen führen:
“Eine bessere Zukunft durch Cannabis-Phytochemie könnte ein erreichbares Ziel sein, wenn man die Entouragewirkung in dieser vielseitigen Pflanze erforscht, die ihr helfen könnte, ihr Versprechen als pharmakologische Fundgrube zu erfüllen”, so Russo in einer Arbeit.
Quellen: