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Wechselwirkungen zwischen Cannabis und Medikamenten

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Aufgrund des steigenden Einsatzes von Cannabis als Medizin stellt sich für Ärzte und Patienten häufig die Frage nach den Wechselwirkungen, wenn Cannabis mit Medikamenten eingenommen wird. Leafly.de hat die wichtigsten bekannten Informationen zu den Wechselwirkungen zusammengetragen.

Wechselwirkungen zwischen Cannabis und Medikamenten

Viele Patienten, die cannabisbasierte Arzneimittel, Rezepturarzneimittel (z. B. ölige Dronabinol-Lösung), Fertigarzneimittel (z. B. Sativex) oder medizinische Cannabis-Blüten im Rahmen ihrer Therapie erhalten, müssen weitere Medikamente einnehmen. Und wie alle anderen Medikamente können auch bei Cannabis-Präparaten Nebenwirkungen und Wechselwirkungen auftreten. So ist bekannt, dass Medizinalcannabis bestimmte Medikamentenwirkungen verstärken oder hemmen kann. Zwar ist dies bei bestimmten Kombinationen ein erwünschter Effekt, bei anderen Kombinationen ist jedoch Vorsicht geboten.

Antibiotika und Cannabis für medizinische Zwecke

In der medizinischen Literatur finden sich keine Hinweise darauf, dass es zwischen Cannabis und Antibiotika eine Wechselwirkung geben könnte. Dennoch sollten sich Cannabispatienten bei ihrem Arzt über mögliche Wechselwirkungen erkundigen, wenn dieser ein Antibiotikum verschreibt.

Verschiedene Studien haben Hinweise darauf geliefert, dass Cannabis eine antibiotische Wirkung haben könnte. In einer Studie der Universita del Piemonte Orientale in Novara heißt es, dass sich die Cannabinoide THC, CBD, CBC, CBN und CBG ein wirksames Mittel gegen Bakterien, den sogenannten „Superbugs“ (z. B. EMERSA-15 und EMERSA-16) sein könnten. Diese Bakterien treten besonders häufig in Krankenhäusern auf und sind gegenüber Antibiotika resistent. Der genaue Wirkungsmechanismus ist jedoch noch unklar.

Weitere Informationen zu den antibakteriellen Eigenschaften von Cannabis finden Sie in diesem Beitrag.

Cannabis-Medikamente und Schmerzmittel

Zwischen Medizinalcannabis und Schmerzmitteln kann eine positive Wechselwirkung entstehen.

Die Cannabinoide aus der Cannabispflanze wie Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) können sich positiv auf chronische Schmerzen auswirken. Auch ist bekannt, dass sie die schmerzlindernde Wirkung von Opiaten und Opioiden verstärken können.

Durch die Kombination bestimmter Medikamente zur Schmerzlinderung und Medizinalcannabis kann also eine positive Wechselwirkung entstehen.

In Studien konnte gezeigt werden, dass Patienten mit chronischen Schmerzen, die gleichzeitig Schmerzmedikamente und Cannabispräparate einnahmen, die Dosis der Schmerzmedikamente reduzieren konnten. Außerdem können cannabisbasierte Arzneimittel verschiedenen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen der Schmerzmedikamente entgegenwirken.

Da Schmerzmedikamente auf unterschiedliche Weisen wirken, ist jedoch eine allgemeingültige Aussage noch schwierig. Deshalb sollte die Einnahme von Schmerzmedikamenten in Kombination mit cannabisbasierten Medikamenten nur in Absprache mit dem Arzt erfolgen.

Bitte lesen Sie hierzu auch unsere Artikel „Medizinisches Cannabis als Ersatz für Opioide“ und „Unterscheidung: Schmerzmittel und Medizinalcannabis„.

Medizinalcannabis in Kombination mit Beruhigungs- und Schlafmitteln

Bei der gleichzeitigen Einnahme von cannabisbasierten Arzneimitteln sowie Beruhigungs- und Schlafmitteln ist Vorsicht geboten. Denn es kann hierdurch zu einer Wirkungsverstärkung kommen. Infolge dessen zeigen sich unerwünschte Nebenwirkungen in Form von starker Benommenheit und Schwindel. Das Gleiche gilt für Medikamente, die eine muskelerschlaffende Wirkung haben. Hierdurch ergibt sich eine erhöhte Sturzgefahr. Auch darf die Einnahme von nur in Absprache mit dem Arzt erfolgen.

Cannabis-Therapie und Blutdruck-Medikamente

Wie sich der freizeitbezogene und medizinische Cannabiskonsum auf das Herz-Kreislaufsystem und den Blutdruck auswirkt, ist gut erforscht. So kann das Cannabinoid THC mit seiner psychoaktiven Wirkung sowohl die Herzfrequenz als auch den Blutdruck beeinflussen. Der Blutdruck kann im Liegen leicht ansteigen, während er im Stehen abfallen kann. Deshalb kann ein Schwindel auftreten. Einem gesunden Menschen macht dies in aller Regel nichts aus. Wenn jedoch eine Herzkreislauferkrankung oder Herzerkrankung besteht, ist generell Vorsicht geboten.

Auf der anderen Seite finden sich Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass Cannabinoide eine blutdrucksenkende Wirkung haben können. Hierüber haben wir bereits in einem ausführlichen Beitrag berichtet.

Wenn medizinisches Cannabis mit Blutdruck-Medikamenten (Antihypertensiva) kombiniert wird, kann es zu einer Wechselwirkung kommen, insbesondere wenn der THC-Gehalt sehr hoch ist. Eines der Hauptmerkmale des THC ist, dass durch die Aktivierung der Cannabinoid-Rezeptoren das Herz-Kreislaufsystem beeinflusst wird und der Sauerstoffverbrauch erhöht wird. Gleichzeitig kann der Blutfluss in den Herzkranzgefäßen herabgesetzt werden. Cannabispatienten sollten hier das Gespräch mit ihrem zuständigen Arzt suchen und den Blutdruck regelmäßig kontrollieren lassen.

Wechselwirkungen mit gerinnungshemmenden Medikamenten

Die Wirkung von Cannabis-Medikamenten auf die Blutgerinnung ist in der Regel gering. Es konnte in Untersuchungen gezeigt werden, dass Cannabinoide in hoher Dosierung gerinnungshemmende und gerinnungsfördernde Eigenschaften haben kann. Bekannt ist ein Fall aus Großbritannien. Der Patient konsumierte hohe Mengen an Cannabis und Tabak und nahm gleichzeitig Warfarin (ein Medikament zur Hemmung der Blutgerinnung) sowie weitere zehn Medikamente ein. Nach dem Cannabis-Konsum kam es tatsächlich zu einer deutlichen Verringerung der Blutgerinnungsfähigkeit.

Medizinalcannabis sollte nicht mit Warfarin kombiniert werden.

Eine neue Studie legt hingegen nahe, dass die Behandlung mit Warfarin und Medizinalcannabis gefährliche Nebenwirkungen haben kann.

Dänische Forscher berichten über einen jungen Mann, der aufgrund eines Herzklappenersatzes eine Therapie mit Warfarin erhielt. Nach einem regelmäßigen Cannabiskonsum zeigten sich bei dem Mann erhöhte INR-Werte (International Normalised Ratio).

Weiter berichteten die Forscher, dass THC vermutlich das körpereigene Enzym CYP2C9, das zur Familie der Cytochrome P450 gehört, hemmt. Dieses ist am Metabolismus von Warfarin beteiligt.

In einem anderen Fallbericht geht es um einen Patienten, der medizinisches Cannabidiol (CBD) zur Behandlung seiner Epilepsie verwendete und gleichzeitig Warfarin einnahm. Auch hierunter kam es zu Komplikationen. Deshalb wird empfohlen, Warfarin nicht mit Cannabismedikamenten zu kombinieren.

Medizinalcannabus kann Einfluss auf den Blutzuckerspiegel haben

Bei der Regulierung des Blutzuckerspiegels spielt das Endocannabinoid-System eine wichtige Rolle. Da die Cannabiswirkstoffe an die Cannabinoidrezeptoren andocken, kann es zu einer Wechselwirkung kommen, wenn Medikamente zur Blutzuckerkontrolle eingenommen werden. Bei der Behandlung von Diabetes kommt beispielsweise häufig das Arzneimittel Metformin zum Einsatz, dessen Wirkung durch die gleichzeitige Einnahme von Cannabispräparaten reduziert werden kann. Aus diesem Grund ist es wichtig, Rücksprache mit dem Arzt zu halten. Zudem werden engmaschige Blutzuckerkontrollen empfohlen.

Wechselwirkungen zwischen Antidepressiva und Cannabis

Es existieren einige wenige Studien, in denen gezeigt werden konnte, dass THC die Wirkung von Antidepressiva, insbesondere der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin, Paroxetin oder Sertralin verstärken kann. Trizyklische Antidepressiva wie Amitryptillin können zudem die blutdrucksenkenden, herzfrequenzsteigernden und beruhigenden Effekte verstärken. Das Risiko für Wechselwirkungen wird zwar als gering bis moderat eingestuft, dennoch sollten Patienten Cannabisprodukte nur in Absprache mit ihrem Arzt mit Antidepressiva kombinieren.

Cannabismedikamente und Neuroleptika

Ebenso wie Antidepressiva beeinflussen auch Neuroleptika (Antipsychotika) die Übertragungsvorgänge von diversen Botenstoffen im zentralen Nervensystem. Es existieren allerdings kaum wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse darüber, wie sich Neuroleptika und THC gegenseitig beeinflussen. Es wird angenommen, dass THC die antipsychotische Wirkung hemmen und auf der anderen Seite die durch Neuroleptika ausgelösten Bewegungsstörungen reduzieren kann.

Bei Patienten mit psychischen Erkrankungen muss stets gut abgewogen werden, ob eine zusätzliche Cannabis-Therapie zur Anwendung kommen soll. Aktuell existieren zu wenige klinische Studien zu dem therapeutischen Potenzial von Cannabis-Wirkstoffen bei psychischen Krankheiten.

Cannabismedikamente und Narkose

Es ist noch unklar, ob es bei einer Narkose und Medizinalcannabis Wechselwirkungen gibt.

In einer älteren Studie aus dem Jahr 1999, die an der University of Newcastle durchgeführt wurde, heißt es, dass Phytocannabinoide wie THC und CBD Wechselwirkungen mit verschiedenen Anästhetika aufweisen können.

In Tierversuchen konnten nachgewiesen werden, dass die Wirkung der Anästhetika durch das THC und den CB1-Rezeptor-Agonisten verstärkt wurden. Zwischen dem Anästhetikum Propofol und Phytocannabinoiden wurde diese Interaktion bestätigt.

Bei Mäusen wurde nach der Injektion von Propofol ein Anstieg der Endocannabinoid-Konzentration im Gehirn beobachtet, vermutlich durch die Hemmung des Endocannabinoid-Metabolismus.

Es liegen nur wenige kontrollierte Studien über die Auswirkungen von Medizinalcannabis auf die Anästhesie vor. Problematisch ist zudem, dass die vorliegenden Studien THC als Reinsubstanz verwendet haben und deshalb nur bedingt Aussagen in Bezug auf die Wechselwirkungen und Nebenwirkungen getroffen werden können.

Die Auswahl der Narkosepharmaka richtet sich stets nach dem geplanten Eingriff und den organischen Vorschäden sowie Erkrankungen des Patienten. Vor einer Narkose wird der Anästhesist dem Patienten Fragen zum physischen und psychischen Gesundheitszustand stellen. Cannabispatienten sollten dann anführen, in welcher Form (z. B. medizinische Cannabisblüten) und in welcher Dosierung sie Medizinalcannabis verwenden.

Wechselwirkung mit der Anti-Baby-Pille

Ob Medizinalcannabis die Wirkung der Antibabypille beeinträchtigen, kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden. Jedoch ist eine Wechselwirkung unwahrscheinlich.

Beim Erstkonsum oder auch bei einer Überdosierung von Medizinalcannabis kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen. Wenn ungefähr zwei bis drei Stunden nach der Einnahme der Antibabypille erbrochen wird, kann dies sehr wohl die Wirkung der Pille beeinflussen, da die Wirkstoffe in Teilen oder komplett ausgeschieden werden, bevor sie über den Verdauungstrakt aufgenommen werden konnten. Infolge dessen ist die Wirkung abgeschwächt oder wirkungslos.

Die Überdosierung von Medizinalcannabis kann bestimmte Wirkungen auslösen, die sehr unangenehm sein können. In diesem Beitrag finden Sie Empfehlungen, wie Sie die Symptome einer Überdosierung lindern können.

Wechselwirkungen mit Alkohol

Die gleichzeitige Einnahme von Cannabis und Alkohol stellt eine hohe Belastung für den Körper dar. Infolge dessen können sich folgende Symptome äußern:

  • Übelkeit und Erbrechen
  • Herz-Kreislauf-Probleme
  • Kontrollverlust
  • stark beeinträchtigte Orientierungsfähigkeit
  • beeinträchtigtes Reaktionsvermögen

In Einzelfällen kommt es zudem zu Halluzinationen oder weiteren psychischen Problemen.

Von der Kombination Cannabis mit Alkohol oder anderen Substanzen ist dringend abzuraten!

Medikamente und CBD-Produkte

Neben rezeptpflichtigen cannabisbasierten Arzneimitteln gibt es inzwischen auch verschiedene rezeptfreie Produkte auf Basis von Cannabidiol (CBD), wie zum Beispiel das CBD-Öl. Wenn CBD-Öl oder andere Produkte mit CBD wiederum mit anderen Medikamenten kombiniert wird, sind Wechselwirkungen nicht auszuschließen. Bisher ist wenig über die Wechselwirkungen zwischen CBD und anderen Medikamenten bekannt. Deshalb ist auch hier Vorsicht geboten.

 

Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.

 

Quellen:

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